Woche Nummer 1 des neuen Jahres ist verstrichen, die ersten guten Vorsätze sind gescheitert, der Glaube an die übrigen wackelt. Menschen die sich Neujahrs-Vorsätze machen, kann ich in vier Typen kategorisieren:
1. Die Überschwänglichen
Dazu gehört meine Freundin Jasmin*. Ab Weihnachten sprudeln aus ihrem Mund Unmengen an vorbildlichen Vorsätzen wie Lavafontänen aus einem hochaktiven Vulkan. Sie möchte sich gesünder ernähen, drei mal pro Woche Sport treiben, nur dienstags und sonntags Fernsehen, beim Klamottenkauf besser nachdenken, nur noch Biogemüse aus der Umgebung kaufen, einmal pro Woche mit Hunden aus dem Tierheim Gassi gehen und und und. Erst das Mitternachtsgeknalle an Silvester kann ihre atemlose Aufzählung zur Verbesserung der Welt bremsen. Dann ist das neue Jahr da. Voller Euphorie meldet Jasmin sich am 1.1 im Fitnessstudio an. Am 3.1 kauft sie auf dem Wochenmarkt Karotten und Kohl eines Bauern aus dem Nachbardorf. Mit Rex aus dem örtlichen Tierheim geht sie den ganzen Januar lang regelmäßig Gassi. All ihre guten Vorsätze setzt sie streberhaft um. Es scheint als hätte sie alles im Griff. Doch innerlich brodelt es in Jasmin. Es macht sie wahnsinnig, dass sich ihr ganzes Leben nur noch darum dreht, wie ein Roboter die aufgebürdeten Vorsätze zu erfüllen. Nachdem sie noch einmal versucht hat, sich zusammen zu reißen, folgt etwa Mitte Februar die Explosion. Von einem Tag auf den anderen zereißt Jasmin ihre Fitnesclubkarte, sieht mittwochs ungeniert fern und kauft sich bei Aldi eine fettige Pizza. Während der nächsten 10 Monate dümpeln ihre Vorsätze nur noch manchmal in ihren Gedanken wie über Bord geworfene Pulverfässer in den Weiten des Meeres umher.
2. Die Mogler
Zu dieser Gruppe gehöre ich. Jedes Jahr nehme ich mir vor, weniger Süßes zu essen und mehr Sport zu treiben. Mit dem Balisto in der Hand - das ich als gesunden Müsliriegel einstufe - gelingt mir das auch. Beim Kaffeetrinken rede ich mir ein, dass zwei Stück Torte okay sind, schließlich wären drei schlechter. Im Sommer am See fläze ich faul in der Sonne. Während meine Freunde händeringend versuchen, mich als vierten Mitspieler zum Beachen zu animieren, liege ich lieber auf meinem Handtuch am Spielfeldrand und versuche meinen Bikiniabdruck minimal zu halten. Ohne schlechtes Gewissen winke ich als Spielpartner ab, schließlich bin ich ja schon hergeradelt. Den täglichen Schokomuffin während der Prüfungsphase entschuldige ich scheinheilig damit, dass ich ihn essentiell zum effektiven Lernen benötige. So schummle ich mich Gummibären mampfend durchs Jahr. Kurz vor Silvester kann ich dann endlich zugeben, dass ich mich ehrlich gesagt, schon etwas selbst ausgetrickst habe. Deswegen nehme ich mir für das darauf folgende Jahr natürlich vor, "wirklich" weniger Süßkram zu essen und "tatsächlich" mehr Sport zu machen. Doch ich schummle einfach zu gut und so spiele ich auch im nächsten neuen Jahr abermals mit gezinkten Karten.
3. Die Halbherzigen
Dieser Silvester-Typ stellt Vorsätze auf, um sie zu brechen. Mein Papa ist so ein Exemplar. Er verkündet jeden Dezember, nächstes Jahr werde er mit dem Rauchen aufhören. Er sagt das, weil wir es hören wollen. Selbst hat er so wenig Lust dazu, wie mein kleiner Bruder zum Spülmaschine ausräumen. Spätestens am Tag der Heiligen drei Könige erwische ich ihn dann, wie er mit der Fluppe in der Hand im Garten steht und sagt: "Nächstes Jahr, Kind". Da weder ich noch mein Papa von diesem Vorfall sonderlich überrascht sind, ist das Thema abermals für den Rest des Jahres, frühestens bis nächstes Silvester, gegessen.
4. Die Durchzieher
Die Kennzeichen dieses Typs sind Zielstrebigkeit, Disziplin, Ehrgeiz und Entschlossenheit. Meist ist es nur ein einziger, bestimmter Vorsatz, der gemacht wird. Dieser wurde dafür im Vorfeld gut durchdacht und geplant. Es handelt sich um eine größere Veränderung, die schon seit längerer Zeit im Raum bzw. vor der Tür steht. Die Jahreswende dient als praktischer Startschuss für das Vorhaben. Ich selbst bin diesem Typ noch nie begegnet. Vielleicht gibt es ihn doch nicht.
Allgemein gilt...
Sich Ziele vorzunehmen, die so ungreifbar sind, dass man schon während man sie ausspricht weiß, dass man sie niemals erreichen wird, ist destruktiver Unsinn. Vorsätze sollten erfüllbare Wünsche sein! Dabei können gerade unkonkrete Formulierungen, wie sie von schlauen Ratgebern oft verpönt werden, hilfreich sein. Ein klipp und klarer Vorsatz a la "jeden Montagabend gehe ich Joggen" lässt keine Luft zum Atmen. Ein so streng formuliertes Ziel ist eher über kurz als lang zum Scheitern verurteilt. Dagegen lässt ein schwammiges "allgemein mehr Sport treiben" Raum für eine persönliche Auslegung. Das Risiko sich selbst zu enttäuschen wird damit minimiert. Allerdings sollte man bei dieser Art Vorsätze tatsächlich aufpassen, dass man nicht zum Mogler wird. Was jedoch auch nicht schlimm wäre, solange man sich selbst gut dabei fühlt.
Also ihr lieben, überdenkt eure guten Vorsätze nochmal. Ich wünsche ein Schönes Neues Jahr!
Auf meiner Blogger-Vorsatz-Liste steht übrigens ein neues Blog-Design. Irgendwann, das eilt nicht. Ganz dringend wünsche ich mir dafür einen neuen Header. Zwar habe ich in etwa eine Vorstellung im Kopf, allerdings waren all meine GIMP-Bemühungen bis jetzt nicht zufriedenstellend.
Ist hier ein talentierter Header-Designer unter meinen Lesern, der mir helfen möchte? ;)